Humboldt-Universität zu Berlin - Collaborative Research Center for Theoretical Biology

Oszillation und Synchronisation im circadianen System von Säugern

Circadiane Uhren sind endogene Oszillatoren, die tägliche Rhythmen in Physiologie und Verhalten steuern. Sie werden durch Licht mit dem 24-Stunden-Rhythmus der Umwelt synchronisiert, was dem Organismus Information sowohl über die Tages- als auch über die Jahreszeit liefert. Der fundamentale Mechanismus der endogenen Rhythmusgenerierung ist zellautonom. Innerhalb einzelner Uhrzellen erzeugt ein genregulatorisches Netzwerk durch miteinander verzahnte verzögerte Rückkopplungsschleifen Oszillationen auf molekularer Ebene. In Säugern ist vermutlich in nahezu allen Körperzellen dieses molekulare Uhrwerk aktiv und steuert die tageszeitspezifischen physiologischen Prozesse des jeweiligen Gewebes. Die einzigen unmittelbar durch Licht beeinflussten Uhrzellen in Säugern sind Neurone des suprachiasmatischen Nukleus (SCN) im Hypothalamus. Lichtreize führen zu einer Phasenverschiebung der molekularen Oszillation im ventrolateralen Bereich des SCN, die auf den dorsomedialen Bereich durch unbekannte Mechanismen übertragen wird. Der SCN steuert dann seinerseits die Oszillationen der peripheren Organe durch ebenfalls unbekannte Mechanismen.

In der folgenden Antragsperiode sollen zwei zentrale Fragen des circadianen Systems untersucht werden: (i) Welche nichtlinearen Prozesse und molekularen "Delays" induzieren robuste Oszillationen auf Einzelzellebene? (ii) Über welche Mechanismen synchronisieren einzelne Uhrzellen mit äußeren Taktgebern (entrainment) sowie innerhalb des SCN?

Ad (i): Während der letzten Jahre wurde eine Reihe von Modellen des circadianen Oszillators erstellt (u.a. [1]), deren Analyse die für den Einsatz von Oszillationen kritischen Prozesse erhellte, wie z.B. Degradation, Transport und Kooperativität. Die Modelle zeigen, dass überkritische Nichtlinearitäten bei der transkriptionellen Regulation und ein "Delay" von mindestens sechs Stunden erforderlich sind, um selbsterregte Schwingungen zu generieren. Im Vergleich von Simulationen und experimentellen Zeitreihen sowie durch molekulargenetische und biochemische Studien sollen die essentiellen Nichtlinearitäten und "Delays" identifiziert werden. Dazu werden die Modelle an Datenreihen aus unserem etablierten Reportersystem angepasst. Dabei wird das molekulare Uhrwerk oszillierender Fibroblasten mittels RNAi, phamakologischer Behandlung oder Expression von mutierten Proteinen gezielt gestört, und die Auswirkungen auf die Dynamik der Oszillation werden analysiert.

Ad: (ii) Die Mechanismen der Synchronisation zwischen Uhrzellen innerhalb eins Gewebes oder zwischen verschiedenen Geweben sind noch weitgehend unbekannt. Exemplarisch sollen die Prinzipien der Kopplung zwischen lichtsensitivem ventrolateralen SCN und dorsomedialem SCN experimentell und theoretisch untersucht werden. Im experimentellen Teil wird ein Zellkultursystem mit immoralisierten SCN-Zellen (SCN2.2) eingesetzt. Dazu werden zwei stabile SCN2.2-Zelllinien hergestellt: In einer Linie lässt sich die Phase der Oszillation mit Hilfe eines Induktors (z.B. für das Uhrgen Per1) spezifisch verschieben. Die zweite Linie kann nun die Dynamik des Synchronisationsprozesses nach Phasenverschiebung über die im Labor etablierte kontinuierliche Lumineszenzmessung erfasst werden. Genetische (RNAi) und pharmakologische Perturbationen erlauben nun – stimuliert durch Ergebnisse des theoretischen Ansatzes – spezifische Fragen nach dem Mechanismus der Synchronisation ermöglicht. Insbesondere soll studiert werden, wie robuste Phasenbeziehungen einzelner Module trotz molekularer Stochastik und saisonaler Schwankungen erzeugt werden können.

[1] Becker-Weihmann et al., 2004

Beschreibung der ersten Periode
Beschreibung der aktuellen Periode