Humboldt-Universität zu Berlin - Collaborative Research Center for Theoretical Biology

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Adaptationsmechanismen und ihre Konsequenzen für Invarianzbildug in einem auditorischen Vererbeitungsmodul

Adaptationsprozesse bilden einen integralen Bestandteil neuronaler Informationsverarbeitung und führen auf ganz unterschiedlichen Zeitskalen zu einer Anpassung an bestehende Umweltbedingungen. Im Nervensystem kann Adaptation zur Bildung von Invarianzen beitragen, durch die eine zuverlässige Klassifizierung und Wiedererkennung von Objekten unter verschiedenen Bedingungen möglich wird. Wie aber verschiedene Adaptationsmechanismen in neuronalen Netzen zusammenspielen und zur Signalverarbeitung beitragen, ist noch weitgehend ungeklärt.

Die erste Stufe auditorischer Verarbeitung bei Grillen bildet ein morphologisch und funktionell klar abgegrenztes neuronales Netzwerk im Prothorakalganglion. In diesem Modul konvergiert die Information von der sensorischen Peripherie, die aus etwa 50 Rezeptorneuronen besteht, auf nur wenige Interneurone, deren Ausgangssignale an nachgeschaltete Verarbeitungsmodule weitergeleitet werden. In eigenen Vorarbeiten wurden die phänomenologischen Adaptationseigenschaften der Interneurone auf kurzen Zeitskalen im engen Wechselspiel zwischen Theorie und Experiment detailliert charakterisiert. Ebenso sind die Signalverarbeitungs- und Antworteigenschaften der Interneurone am Ausgang bereits gut beschrieben, insbesondere im Zusammenhang mit Verhaltensversuchen zur Erkennung von akustischen Signalen. Das auditorische Verarbeitungsmodul der Grillen eignet sich daher hervorragend zur Untersuchung funktioneller Aspekte, die sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Adaptationsmechanismen ergeben.

In diesem Projekt sollen die unterschiedlichen Mechanismen, die zu den beobachteten Adaptationsphänomenen in den Interneuronen führen, experimentell erfasst und ihre Beiträge zur Signalverarbeitung quantifiziert werden: (1) Adaptation der auditorischen Rezeptoren, (2) synaptische Adaptation, die durch ihre multiplikativen Eigenschaften andere funktionelle Qualitäten als die subtraktive Adaption der Rezeptoren und Interneuronen aufweisen kann, (3) Adaptationsströme der Interneurone und (4) Netzwerkeigenschaften. Nicht zuletzt kann mit diesem Ansatz die Hypothese geprüft werden, dass die Verteilung der Adaptation auf verschiedene Mechanismen zu besonders robusten Signalverarbeitungseigenschaften des Systems führt.

Die Versuche sollen eng von Modellierungsarbeiten begleitet werden, um die funktionellen Aspekte der einzelnen Mechanismen zusammenfassend zu beschreiben und weitere kritische Experimente zu entwickeln. Bei der Modellbildung wird darüber hinaus die Entwicklung von generischen Modellen zur neuronalen Signalverarbeitung im Mittelpunkt stehen, so dass die Ergebnisse dieser Studie leicht auf andere neuronale Systeme verallgemeinerbar und anwendbar sein sollten.

Die Untersuchungen werden vergleichend an mehreren Grillenarten durchgeführt, um die Robustheit und Anpassungsfähigkeit dieses auditorschen Verarbeitungsmoduls unter evolutionären Gesichtspunkten zu prüfen. Diese Perspektive wird durch ein begleitendes Projekt am homologen auditorischen Modul der Laubheuschrecken erweitert. In einer bereits begonnenen Kooperation innerhalb des SFB (mit Teilprojekt B2) soll die Rolle von Adaptation auf längeren Zeitskalen geklärt werden. Daher reichen die spezifischen Fragestellungen des Antrages weit über die Klärung der Adaptationsphänomene bei Grillen hinaus. Sie zielen auf funktionelle Modelle der Adaptation und ihrer Rolle bei Invarianzbildungen, die als Designprinzip auch auf kortikale Systeme bei Wirbeltieren übertragbar sein könnten.

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